Die Kieler Spieler jubeln nach dem Sieg im Sieben-Meter-Werfen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Auch ohne die begehrte Trophäe in den Händen wurden die Handballer des THW Kiel von ihren Fans wie Sieger gefeiert. Der Applaus konnte den Schmerz beim deutschen Rekordmeister über die erfolglose Jagd nach dem fünften Champions-League-Triumph jedoch kaum lindern.

«Das tut unglaublich weh. Wir hatten einen großen Traum», sagte THW-Trainer Filip Jicha nach dem 30:34 (18:19) im Halbfinale gegen den erneut siegreichen Rekordgewinner FC Barcelona. Und Kapitän Domagoj Duvnjak gestand: «Wir sind enttäuscht und traurig.»

Zum Abschluss den Trostpreis

Immerhin gab es zum Abschluss des Final4 in Köln, bei dem Barça dank eines 5:3 im Siebenmeterwerfen im dramatischen Endspiel gegen Vive Kielce um Nationaltorwart Andreas Wolff wie im Vorjahr triumphierte, den Trostpreis. Im Spiel um Platz 3 behielten die Kieler am Sonntag gegen Ungarns Topclub Telekom Veszprem ebenfalls im Siebenmeterwerfen mit 3:1 die Oberhand und verabschiedeten sich mit einem Erfolgserlebnis in die Sommerpause. Nach 60 Minuten hatte es 34:34 (14:18) gestanden. «Wir waren nach 15 Minuten tot, wir waren einfach so müde. Aber dann haben die Jungs Energie und Vertrauen gezeigt», sagte Jicha.

Im Nervenduell am Ende eines Handball-Krimis avancierte THW-Torwart Niklas Landin mit zwei gehaltenen Würfen zum Matchwinner. Für den Cup-Gewinner von 2007, 2010, 2012 und 2020 gab es damit zum Abschluss einer langen und anstrengenden Saison zumindest ein kleines Happy End, das für Jubel sorgte. «Jetzt sind wir alle froh, dass wir bald im Urlaubsmodus am Strand sitzen», sagte Jicha.

Schon am Vortag hatte der THW-Trainer nach der Niederlage gegen Barcelona die Moral seiner Schützlinge gelobt. «Ich bin extrem stolz auf meine Mannschaft, die wirklich alles auf der Platte gelassen hat, was noch in den Beinen und Köpfen war», sagte der Tscheche und fügte hinzu: «Es tut mir leid für die Jungs, dass sie sich nicht belohnen konnten. Sie haben unglaublich gefightet.»

«Barcelona war klar besser»

Das reichte im Duell mit dem spanischen Serienmeister vor 19 750 Fans in Köln jedoch nicht, um die von Jicha erhoffte sportliche Sensation zu schaffen. «Wenn du gegen Barça gewinnen willst, musst du eine perfekte Leistung zeigen. Das ist uns heute nicht gelungen, weil wir zu Beginn der zweiten Halbzeit einige Chancen liegengelassen haben», haderte der 40-Jährige, der als Spieler sowohl mit dem THW als auch mit Barça den wichtigsten Vereinspokal gewinnen konnte.

Der Ausfall von Superstar Sander Sagosen und Abwehrchef Hendrik Pekeler erwies sich letztlich als zu große Hypothek. «Ich will keine Ausreden suchen, aber natürlich haben sie uns gefehlt», sagte Duvnjak. Am verdienten Erfolg der Katalanen ließ der Kroate aber keinen Zweifel aufkommen: «Man muss klar sagen, dass Barcelona besser war.»

Vor allem, weil einige Kieler Trümpfe dieses Mal nicht stachen. In der Offensive sündigte vor allem Schwedens Europameister Niclas Ekberg. «Ich bin unglaublich enttäuscht, vor allem über mich selbst, denn heute habe ich die Chancen liegen gelassen», befand der Rechtsaußen selbstkritisch.

«Wir können zufrieden sein»

Noch schwerer wog der Nachteil auf der Torwartposition. Landin, eigentlich eine sichere Bank zwischen den THW-Pfosten, war überhaupt kein Faktor. Der dänische Weltmeister zog im Duell mit seinem Gegenpart Gonzalo Perez de Vargas klar den Kürzeren und räumte danach ein: «Ich habe leider nicht den Tag erwischt, den ich gerne gehabt hätte.» Nur sechs Paraden waren zu wenig, um die starke Offensive des Starensembles aus Barcelona zu stoppen.

So kam es nicht zur Krönung einer Saison, in der die Kieler dank des DHB-Pokalsieges zumindest nicht titellos blieben. Als Vizemeister hinter dem souveränen Champion SC Magdeburg ist der THW zudem auch in der Spielzeit 2022/23 in der Königsklasse dabei und kann dann einen erneuten Anlauf auf Europas Handball-Thron nehmen. «Wir haben immer zusammengestanden», lobte Landin den Teamgeist, und Duvnjak bilanzierte: «Wir können zufrieden sein.»

Von Eric Dobias, dpa

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