Patrick Groetzki von den Rhein-Neckar Löwen jubelt über einen Treffer. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uwe Anspach/dpa)

Die Konkurrenz lobt, die Liga staunt: Die Rhein-Neckar Löwen führen die Tabelle in der Handball-Bundesliga an. Das kommt sogar für den Verein selbst überraschend.

Denn nach dem enttäuschenden zehnten Platz in der Vorsaison wollte sich der Club mit dem neuen Trainer Sebastian Hinze eigentlich ganz langsam wieder an die oberen Tabellenregionen herantasten.

Topspiel gegen Kiel

Doch bislang kam alles anders – und zwar besser als erwartet: sieben Spiele, sieben Siege. Weshalb für die Mannheimer nun etwas ansteht, was sie in dieser Saison nicht zwingend erwartet hatten: ein Spitzenspiel. Am Sonntag (14.00 Uhr/Sky) treten die verlustpunktfreien Löwen beim Tabellendritten THW Kiel an, der in dieser Saison schon einmal verloren hat.

«Wir fahren da zwar als Tabellenführer hin, aber wir sind trotzdem der Außenseiter», sagt Rückraumspieler Olle Forsell Schefvert, der einer der zentralen Gründe für den unerwartet schnellen Aufschwung beim zweifachen deutschen Meister ist. Der Schwede wechselte vor der Saison von der HSG Wetzlar zu den Löwen, zusammen mit dem zweiten Neuzugang Halil Jaganjac bildet er seitdem das Abwehrzentrum bei den Nordbadenern, deren Spiel sich durch dieses Duo komplett gewandelt hat.

Denn im Gegensatz zu ihren Vorgängern Mait Patrail und Ilija Abutovic können beide auch in der Offensive eingesetzt werden, weshalb es keine Abwehr-Angriff-Wechsel und stattdessen mehr Tempo im Spiel gibt. Ein Schachzug, der von langer Hand geplant war.

«Die Analyse der vergangenen eineinhalb Löwen-Jahre hat gezeigt, dass es zu wenig Spieler gab, die dieses Tempospiel aus der Abwehr heraus initiieren, gestalten und mitgehen können. Olle und Halil können das», sagt Hinze, der als Chefstratege die Auferstehung der Mannheimer ermöglicht und geplant hat. Bereits im Frühjahr 2021 gab er den Löwen seine Zusage für den Sommer 2022 und nahm entsprechend Einfluss auf die Zusammenstellung des Kaders. Bislang mit Erfolg. Denn in den ersten Wochen rauschen die Nordbadener im Express-Tempo durch ihre Spiele, 45 Tempo-Gegenstoßtreffer sind der Bestwert in der Liga.

Es verwundert daher auch nicht, dass Jamal Naji, Nachfolger von Hinze beim Bergischen HC, die Löwen als die «beste Erste-Welle-Mannschaft» der Bundesliga adelt. Auch Stefan Kretzschmar ist voll des Lobes. «Die Löwen sind zurzeit die Mannschaft, die am besten und konsequentesten in den Gegenstoß geht», sagt der Sportvorstand der Füchse Berlin, die momentan Tabellenzweiter sind.

In Mannheim hört man diese Komplimente gerne. Nach einer ganzen Reihe an Tiefpunkten, Trainerwechseln und Fehlentscheidungen seit den Meisterschaften (2016, 2017) und dem Pokalsieg (2018) tut das Lob gut. Die Freude über den Saisonstart ist verständlicherweise sowieso groß, wie Hinze deutlich macht: «14:0 Punkte, das hätten wir uns vor ein paar Wochen nicht erträumt.»

Mit Fünfjahresplan zurück zum Erfolg

Bei aller Euphorie überwiegt aber die Demut, weshalb für die dauerhafte Rückkehr in die Spitzengruppe ein Fünfjahresplan erarbeitet wurde, der auch die Vertragsverlängerungen mit Schlüsselspielern vorsieht. Dazu zählt der schwedische Weltklasse-Schlussmann Mikael Appelgren, der zusammen mit dem deutschen Nationaltorwart Joel Birlehm eines der besten Bundesliga-Gespanne bildet. «Bislang haben wir in jedem Spiel eine gute Torwartleistung», sagte der neue Kapitän Patrick Groetzki.

Birlehm wechselte erst im Januar vom SC DHfK Leipzig nach Mannheim, Appelgren kehrte nach fast zweijähriger Verletzungspause im Frühling zurück. Als Duo stehen sie nun am Sonntag dem weltbesten Keeper gegenüber: dem Kieler Niklas Landin.

Rudolf Schiffmann, dpa

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