DHB-Vorstandschef Mark Schober. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Mark Schober nimmt in der Heimat gerade eine kurze Auszeit von der Europameisterschaft.

Am Donnerstag fliegt der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Handballbundes nach Budapest. Dort wird der 49-Jährige am Final-Wochenende unter anderem die Pläne des Verbandes für die Heim-EM 2024 vorstellen.

Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht Schober über das laufende und kommende Turnier und die Herausforderungen, die der DHB in Corona-Zeiten zu bewältigen hat.

Frage: Der DHB hatte sich durch die EM Werbung für den Handball erhofft. Am Ende wurde täglich fast nur noch über Corona gesprochen. Sind Sie frustriert, wie das Turnier aus deutscher Sicht verlaufen ist?

Antwort: Es gab aus Deutschland ziemlich viele Rückmeldungen, die besagt haben, dass unsere Mannschaft bemerkenswert gekämpft hat – ohne zu jammern und zu klagen. Und dass die Spieler und das Trainerteam durchaus Vorbilder für Kinder und Jugendliche sind. Von daher haben wir aus der Situation das Beste gemacht.

Frage: Also fällt das EM-Fazit aus Verbandssicht sogar positiv aus?

Antwort: Natürlich hätten wir uns einen anderen Verlauf gewünscht. Aber das Team hat gezeigt, was es drauf hat. Man konnte sehen, welche Breite an Talenten wir in Deutschland haben. Für die Spieler war es gut, sich zeigen zu können.

Frage: Gibt es Dinge, die der DHB hätte anders machen können oder sollen?

Antwort: Das ist eine spannende Frage. Wir haben im vergangenen Dezember die Frauen-WM in Spanien mit einem ähnlichen Hygienekonzept und Vorgehen aller Beteiligten erlebt. Wie es bei der EM gelaufen ist – damit war nicht zu rechnen. Das betrifft ja nicht nur uns, sondern auch viele andere Nationen. Ich sehe nichts, was wir noch mehr hätten tun können als das, was wir alles getan haben.

Frage: Wie teuer ist den DHB diese Corona-EM zu stehen gekommen?

Antwort: Die Ausgaben liegen deutlich über dem Plan. In dem waren die Einzelzimmer im Teamhotel sowie die An- und Abreise mit einem Charterflieger schon drin. Aber es war nicht geplant, dass wir einen deutlich größeren Kader hatten, deutlich mehr testen mussten und viele unserer Spieler einzeln nach Hause gefahren haben. Wir müssen das im Nachgang noch genau aufarbeiten, aber ich schätze, dass die Mehrkosten im sechsstelligen Bereich liegen werden.

Frage: Der DHB hat durch die Corona-Pandemie viele Mitglieder verloren. Allein im Jahr 2020 waren es rund 25.000. Jetzt ist das Virus immer noch da. Kann man diesen Abwärtstrend mittelfristig unter diesen Umständen überhaupt stoppen?

Antwort: Im Durchschnitt haben 4,6 Millionen Menschen im Fernsehen die EM-Spiele unserer Mannschaft gesehen. Der Marktanteil lag zwischen 17 und 21 Prozent – mit sehr guten Werten auch bei den Jüngeren. Wir wollten Handball zeigen und haben Handball zeigen können. Das hilft uns sehr, ebenso die Austragung der EM 2024 in Deutschland. Wenn wir sportlich dann noch erfolgreich sind und alles geben, wird es möglich sein. Es ist auch noch gar nicht klar, wie sich die Pandemie am Ende auswirkt. Ich erlebe gerade in den Vereinen, dass da großes Interesse besteht an gemeinschaftlichen sportlichen Erlebnissen. Vielleicht hilft die Pandemie sogar, dass die Menschen danach verstärkt wieder zusammenkommen wollen. Insofern bin ich eher optimistisch.

Frage: Die EM 2024 findet in Deutschland statt. Gibt es Dinge, die Sie von diesem Turnier als Anregung für die Organisation mitnehmen?

Antwort: Ja. Wir werden sicher in mehreren Szenarien planen müssen, obwohl man nie alles bedenken kann. Ich bin froh, dass wir noch zwei Jahre Zeit haben. Wir werden sicher an der einen oder anderen Stelle etwas vorsichtiger sein müssen, als wir es bisher geplant haben.

Frage: Der DHB setzt in zwei Jahren auf Großevents. Das Eröffnungsspiel soll in der Düsseldorfer Fußball-Arena vor 50.000 Fans stattfinden, die Hallen in den fünf weiteren Spielorten bieten jeweils Platz für deutlich mehr als 10.000 Zuschauer. Haben Sie Sorgen, dass die Pandemie diese EM-Pläne zerstört?

Antwort: Es ist eine Herausforderung für uns alle, die wir letztlich lösen müssen. Wir wollen dieses tolle Event so entwickeln, dass möglichst viele Menschen einen Zugang zu unserer Sportart bekommen. Dort gewinnen wir neue Mitglieder, neue Fans und Menschen, die sich für unseren Sport interessieren. Wir möchten die EM 2024 so präsentieren, dass wir diese Ziele auch erreichen. Wir müssen uns anders vorbereiten, als wir dies früher getan haben. Aber an dem Plan halten wir fest.

Frage: Lassen Sie uns noch einen kurzen Blick in die nähere Zukunft werfen. Was sind die vordringlichsten Aufgaben für den DHB in diesem Jahr?

Antwort: Zunächst einmal, dass der Spielbetrieb weiter möglich sein wird. Gerade im Kinder-, Jugend- und Breitensport wünschen wir uns, dass wir nicht mit pauschalen Regelungen konfrontiert werden, sondern verantwortlich je nach Situation und Region Möglichkeiten geschaffen werden, dass weiter Handball gespielt werden kann. Eine weitere Kernaufgabe ist die Vorbereitung der nächsten internationalen Großveranstaltungen. Neben der EM 2024 haben wir ja im nächsten Jahr auch noch eine Junioren-WM. Sportlich stehen die WM-Play-offs der Männer und die EM-Qualifikation der Frauen an.

ZUR PERSON: Mark Schober (49) arbeitet seit 2014 für den Deutschen Handballbund. Zunächst als Generalsekretär, seit gut vier Jahren als Vorstandsvorsitzender. Zuvor war er neun Jahre für die Handball-Bundesliga (HBL) tätig. Schober ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Interview: Eric Dobias, dpa

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