Magdeburgs Marko Bezjak (r) hat mit dem SCM die Champions League gewonnen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Zum Rock-Klassiker «We are the Champions» schwenkten die überglücklichen Spieler des SC Magdeburg um Blitz-Rückkehrer Gisli Kristjansson nach dem Triumph im Herzschlagfinale im goldenen Konfettiregen die Champions-League-Trophäe. Dank eines beherzten und leidenschaftlichen Auftritts gewann der deutsche Vizemeister zum zweiten Mal nach 2002 die Königsklasse und läutete nach der Siegerehrung eine lange Partynacht ein.

Der deutsche Meister von 2022 setzte sich vor 20 000 Fans in Köln im Endspiel gegen den polnischen Champion Industria Kielce mit dem deutschen Nationaltorwart Andreas Wolff mit 30:29 (26:26, 13:15) nach Verlängerung durch und stockte damit die Erfolgsprämie für die gesamte Saison in der Champions League auf eine Million Euro auf.

«Haben alle davon geträumt»

«Es ist unwirklich. Wir haben alle davon geträumt», sagte Wiegert über das Happy End in einem erneuten Handball-Krimi. «Was diese Mannschaft über die gesamte Saison geleistet hat, werde ich nie begreifen. Das ist unfassbar.» Im Moment des Erfolges war Wiegert, der schon beim ersten Triumph vor 21 Jahren als Spieler dabei war, auf die Tribüne zu seiner Familie geeilt. «Es ist neben der Mannschaft das Wichtigste, was ich auf der Welt habe. Ich kann nur Tausend Dank sagen», erzählte der Erfolgstrainer.

Im Moment des Erfolges, der vom tragischen Tod eines polnischen Journalisten überschattet wurde, war Wiegert auf die Tribüne zu seiner Familie geeilt. «Es ist neben der Mannschaft das Wichtigste, was ich auf der Welt habe. Ich kann nur Tausend Dank sagen», erzählte der Erfolgstrainer, der schon beim ersten Triumph vor 21 Jahren als Spieler dabei gewesen war.

Für sein Team ist es die vorläufige Krönung einer stetigen Weiterentwicklung in den vergangenen Jahren. 2021 hatte der SCM die European League gewonnen, ein Jahr später die deutsche Meisterschaft. Zudem wurden die Magdeburger 2021 und 2022 jeweils Vereinsweltmeister und standen im Vorjahr im Finale der European League.

»Ein sportliches Märchen«

«Was der SC Magdeburg geleistet hat, ist herausragend und ein sportliches Märchen. Egal, welche Rückschläge diese Mannschaft verkraften musste – sie ist immer wieder zurückgekommen», gratulierte DHB-Boss Andreas Michelmann und stellte fest: «Das war wieder eine Sternstunde für den deutschen Handball.»

Den ersten Jubel bei den Magdeburger Fans gab es schon vor dem Anpfiff, als Rückraum-Ass Kristjansson trotz seiner am Vortag im Halbfinale gegen Rekordsieger und Titelverteidiger FC Barcelona erlittenen Schulterverletzung zum Aufwärmen in die Arena lief. «Es ist keine Wunderheilung», sagte Wiegert beim übertragenden Sender DAZN dazu.

Kristjansson zunächst auf der Bank

Der 23 Jahre alte Isländer sei zu ihm gekommen und habe gesagt, er wolle unbedingt spielen. «Ich habe dann mit unseren Ärzten gesprochen, wie ein Worst-Case-Szenario aussehen könnte. Mir wurde gesagt: Schlimmer als die eh anstehende Operation kann es nicht kommen», berichtete Wiegert.

Kristjansson nahm zunächst nur auf der Bank Platz. Doch auch ohne ihn legte der SCM einen guten Start hin und zog schnell auf 4:1 davon. Das Polster war nach zwölf Minuten beim 6:6 jedoch aufgebraucht, weil sich DHB-Keeper Wolff im Tor der Polen in Bestform präsentierte. Wenig später ging Kielce erstmals in Führung.

Mitte der ersten Halbzeit kam dann Kristjansson aufs Parkett und war gleich mit seinem ersten Wurf erfolgreich. Doch der polnische Champion war jetzt besser in der Partie und ging mit einem Zwei-Tore-Vorsprung in die Halbzeit. Nach dem Wechsel wuchs der Rückstand sogar auf vier Tore an.

Der SCM steckte nie auf, lief dem Rückstand zunächst aber vergeblich hinterher. Das sportliche Geschehen rückte 12:20 Minuten vor dem Ende beim Stand von 20:22 jedoch in den Hintergrund, als die Partie wegen eines medizinischen Notfalls auf der Tribüne für 13 Minuten unterbrochen werden musste.

«Geschichten, die nur der Sport schreibt»

Als es weiterging, schaffte Magdeburg den Gleichstand und vier Minuten vor dem Ende beim 25:24 erstmals wieder eine Führung, die jedoch keinen Bestand hatte. So ging es in die Verlängerung, in der der SCM das bessere Ende für sich hatte. Bester Werfer beim deutschen Vizemeister war Kay Smits mit acht Toren. Kristjansson brachte es immerhin auf sechs Treffer.

«Das sind die Geschichten, die nur der Sport schreibt», sagte Wiegert über das unerwartete Blitz-Comeback von Kristjansson. Der Isländer selbst konnte es kaum fassen. «Ich habe wirklich keine Ahnung, wie das gegangen ist. Die Schulter tut jetzt sehr weh, aber das war es wert», sagte Kristjansson.

Auch Wolff äußerte größten Respekt vor dem Rückraumspieler, «der trotz seiner Schulterluxation seine Mannschaft zum Sieg geführt hat», sagte der 32-Jährige. Wolff selbst war nach der Niederlage «leer und sauer».

Achter CL-Triumph einer deutschen Mannschaft

Für den Traditionsverein aus Sachsen-Anhalt ist es der insgesamt vierte Sieg im höchsten europäischen Clubwettbewerb. 1978 und 1981 siegte der zehnmalige DDR-Meister im Europapokal der Landesmeister.

Seit der Einführung der Champions League in der Saison 1993/94 ist es der achte Triumph einer deutschen Mannschaft. Neben Magdeburg konnten auch der THW Kiel (2007, 2010, 2012, 2020), der HSV Hamburg (2013) und die SG Flensburg-Handewitt (2014) die Königsklasse gewinnen.

Im Halbfinale des Final4-Turniers hatte sich Magdeburg am Samstag in einem Handball-Krimi gegen Barcelona mit 40:39 nach Siebenmeterwerfen durchgesetzt. Vorjahresfinalist Kielce erreichte durch ein 25:24 gegen Paris Saint-Germain das Endspiel, das jedoch erneut verloren wurde. Die Polen müssen damit weiter auf den zweiten Sieg nach 2016 warten.

Von Eric Dobias, dpa

Von