Ist mit seinem WM-Verlauf nur bedingt zufrieden: DHB-Keeper Andreas Wolff. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sascha Klahn/dpa)

Andreas Wolff sucht nach Antworten. Voller Enttäuschung über den bisherigen WM-Verlauf spazierte die Nummer eins der deutschen Handballer am Freitag durch das vornehme Teamhotel in Kairo.

Wer den ehrgeizigen Torhüter auch nur ein wenig kennt, der konnte ahnen, wie sehr ihm die 28:32-Niederlage gegen Europameister Spanien zusetzte. Nicht nur, weil die Chance auf das Viertelfinale beim Turnier in Ägypten damit nur noch eine minimale ist. Sondern auch, weil der 29-Jährige seine unbestrittene Klasse bislang nicht abrufen konnte. Er zerbricht sich den Kopf darüber, woran es liegt.

«Mich ärgert das kolossal. Ich bin richtig, richtig sauer und tief enttäuscht», sagte er. Schon im dritten Vorrundenspiel gegen Ungarn (28:29) hatte Wolff seiner Mannschaft nicht helfen können und gerade mal zwei von 15 Würfen abgewehrt. Gegen die Spanier wurde es kaum besser. Nachdem Wolff nur 22 Prozent der Würfe pariert hatte, nahm Bundestrainer Alfred Gislason ihn vor der Pause raus und ersetzte ihn durch Johannes Bitter. «Die Frustration ist einfach riesig, insbesondere in Verbindung mit dem Ungarn-Spiel. Ich weiß eigentlich gar nicht, wohin mit meiner Energie», sagte Wolff.

Eigentlich war Wolff als Gislasons 1a-Lösung zwischen den Pfosten eine tragende Rolle in der neuformierten deutschen Mannschaft zugedacht. Jetzt sieht es danach aus, dass er neben dem erneut enttäuschenden Kapitän Uwe Gensheimer einer der großen Verlierer sein könnte. Es wäre keine große Überraschung, wenn der EM-Held von 2016 am Samstag gegen Brasilien zunächst nur auf der Bank sitzt. Wolff hielt es am Freitag sogar nicht für ausgeschlossen, dass Gislason ihn ganz herausnehmen und durch Silvio Heinevetter ersetzen könnte.

Dabei schien Wolff bereit für große WM-Taten. Doch schon in der Vorbereitung ging einiges schief. Zunächst sorgte der meinungsstarke Profi mit öffentlicher Kritik am freiwilligen WM-Verzicht seiner früheren Kieler Mitspieler Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek und Steffen Weinhold für Unruhe im DHB-Lager. Im Hinblick auf die Olympia-Qualifikation im März stellt sich die spannende Frage, ob die Debatte zu einem Riss im deutschen Team führen könnte. Denn Gislason plant fest mit der Rückkehr des THW-Trios.

An einem Wolff in Top-Form kommt Gislason aber im Normalfall nicht vorbei. Die Frage ist nur, warum er sein Potenzial nicht abruft. «Vielleicht ist es insgesamt ein Zusammenspiel dieser beschissenen Situation», vermutet er und meinte damit vor allem seine zweimonatige Pflichtspielpause aufgrund der Corona-Pandemie. Vielleicht fehle deshalb «dieses Quäntchen Verrücktheit, dieses Quäntchen Reaktionsfähigkeit».

Noch ist das Turnier in Ägypten nicht vorbei. Vielleicht gelingt der DHB-Auswahl sogar noch die Sensation, wenn Wolff zurück zu seiner Form findet. Falls Gislason ihn lässt. Denn seit dem EM-Triumph vor fünf Jahren hat Wolff bei Welt- und Europameisterschaften nicht mehr sein großes Potenzial konstant abrufen können. Liegt es am enormen Druck, den er sich selbst macht? Die Antwort darauf sucht er selbst.

Von Nils Bastek und Eric Dobias, dpa

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