Schwedens Spieler jubeln mit der Trophäe für ein Mannschaftsfoto. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Anna Szilagyi/AP/dpa)

Im Moment des EM-Triumphes war die Rückkehr in den Liga-Alltag für Schwedens neue Handball-Helden ganz weit weg.

«Wir wollen diesen Erfolg als Team genießen. Ich kann kaum glauben, dass wir Geschichte geschrieben haben. Das wird uns vielleicht erst bewusst, wenn wir in Schweden sind und Millionen uns feiern werden», sagte Siegtorschütze Niclas Ekberg nach dem dramatischen 27:26 im Endspiel gegen Titelverteidiger Spanien.

Torwart Palicka: «Ich bin krank vor Glück»

20 Jahre lang musste das Drei-Kronen-Team auf die Rückkehr auf Europas Handball-Thron warten. Entsprechend groß waren die Emotionen bei den Spielern. «Ich habe wahrscheinlich noch nie so viele Tränen vergossen», berichtete der erneut überragende Torwart Andreas Palicka. «Es ist ein unglaubliches Gefühl. Ich bin fast schockiert über das, was passiert ist. Als Kind hätte ich mir nie träumen lassen, mit Schweden eine Goldmedaille zu gewinnen. Ich bin krank vor Glück.»

Der Schlussakkord passte zu dieser verrückten Corona-EM, bei der sich insgesamt etwa 150 Spieler mit dem Virus infizierten. Ausgerechnet Ekberg, der nach einem positiven Test zehn Tage in Quarantäne saß, verwandelte in der letzten Sekunde einen Siebenmeter zum Sieg. «Es war die Hölle, eingesperrt zu sein. Ich habe im Grunde alles gemacht, was man auf zehn Quadratmetern machen kann. Im Bett liegen, auf der Couch sitzen, auf und ab gehen, aus dem Fenster schauen, Autos zählen, Xbox spielen», berichtete der Rekordtorschütze des deutschen Meisters THW Kiel.

Für den Rechtsaußen eine fast unerträgliche Situation. «Du hast so viel Blut, Schweiß und Tränen investiert, um hierher zu kommen und zu spielen, und es ist etwas, das du nicht beeinflussen kannst, das zerstört», sagte Ekberg. «Es war extrem frustrierend, aber es war ein Teil des Spiels bei diesem Turnier.»

Für die Schweden war Ekbergs Rückkehr ein Segen. Der 33-Jährige bekam nach der langen Abstinenz zwar kaum Spielanteile, verwandelte aber vier Siebenmeter – darunter auch den entscheidenden. «Ich werde nicht sehr nervös in solchen Situationen», sagte der Routinier. «Es war mehr so, dass ich fünf Minuten danach gezittert habe.» Da war die blau-gelbe Party bereits in vollem Gang.

«Wir müssen uns mit dem Virus arrangieren»

In den kommenden Tagen kehren die Schweden in ihre Vereine zurück und sollen – wie alle anderen EM-Fahrer auch – erst einmal behutsam aufgebaut werden. «Wir werden nicht bei den Rückführungsuntersuchungen sparen. Wir kennen unsere Spieler und haben von allen regelmäßige Leistungswerte, können den allgemeinen Zustand unabhängig vom subjektiven Empfinden bewerten», hatte Kiels Geschäftsführer Viktor Szilagyi schon vor einigen Tagen in den «Kieler Nachrichten» angekündigt.

Noch ist völlig unklar, in welchem Ausmaß sich diese EM auf die Bundesliga auswirken wird. Am kommenden Wochenende geht es zunächst mit dem Pokal-Viertelfinale weiter, ehe am 9. Februar das Meisterrennen fortgesetzt wird. «Wir müssen damit leben, dass wir zum Neustart auch infizierte Spieler haben werden. Das wird der neue Normalzustand sein. Wir müssen uns mit dem Virus arrangieren», sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann der Deutschen Presse-Agentur. «Wir planen von Woche zu Woche, was den Spielplan betrifft, die wirtschaftlichen Aspekte, die Hygienekonzepte, die Zuschauer. Anders ist es derzeit nicht möglich.»

Von Eric Dobias, dpa

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