Routinier und Rookie: Andreas Wolff und Joel Birlehm (r). (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jan Woitas/dpa)

Aktien-Fan Joel Birlehm stand nach seinem überragenden WM-Auftritt gegen Serbien bei den deutschen Handballern hoch im Kurs.

Der Torwart war beim 34:33-Sieg der gefeierte Matchwinner und wurde danach mit Lob überhäuft. «Als er locker wurde und vergessen hat, dass er bei einer WM ist, hat er uns mit seinen Emotionen und Paraden in überragender Weise geholfen», adelte Bundestrainer Alfred Gislason den 25 Jahre alten WM-Neuling.

Der Torwart des Bundesliga-Dritten Rhein-Neckar Löwen blieb vor dem abschließenden Vorrundenspiel gegen Algerien an diesem Dienstag (18.00 Uhr/ZDF) in Kattowitz trotz seines plötzlichen Wechsels vom Neben- zum Hauptdarsteller bescheiden. «Ich kenne meine Rolle und versuche der Mannschaft zu helfen», sagte Birlehm. «Ich bin kein Traumtänzer und versuche es beim nächsten Mal, wenn ich gebraucht werde, wieder so zu machen.»

Seine Teamkollegen gönnten Birlehm die Aufmerksamkeit, die sonst in der Regel Stammtorhüter Andreas Wolff auf sich zieht. «Er stand ja ein bisschen im Schatten von Andreas Wolff, auf dem immer der Fokus liegt. Es freut mich unfassbar für ihn, dass er so eine Partie abgeliefert hat», sagte Rückraumspieler Christoph Steinert am Montag. 

Wolff freut sich für Birlehm

Auch Wolff, der nach seiner starken Vorstellung beim Auftaktsieg gegen Katar im Duell mit den Serben nicht glänzen konnte und kurz vor der Halbzeitpause seinem sechs Jahre jüngeren Kollegen den Platz zwischen den Pfosten überließ, gönnte Birlehm das Scheinwerferlicht. «Ich freue mich für ihn, dass er so eine tolle Partie gespielt hat und uns zum Sieg führen konnte. Er hat seine Klasse gezeigt», sagte Wolff.

Doch wer ist dieser Joel Birlehm? «Er ist ein lustiger, humorvoller und sehr intelligenter Typ, der wahnsinnig gerne und viel redet», beschrieb Rückraumspieler Steinert den Schlussmann. Julian Köster nannte noch eine andere Eigenschaft des Torwarts: Ehrgeiz. 

Und dann ist da noch Birlehms Faible für Geldanlagen. «Er ist unser Finanz-Guru, weil er die Aktien überall im Blick hat», erzählte Rechtsaußen Patrick Groetzki. Und Steinert ergänzte: «Er hat irgendwann damit angefangen, sich finanziell zu bilden. Da ist er sehr in die Tiefe gegangen.» 

Anfänge in Minden – Nummer eins bei den Löwen

Sportlich machte Birlehm seine ersten Schritte bei GWD Minden. Über die Stationen TuS N-Lübbecke und SC DHfK Leipzig kam er im Januar 2022 zu den Rhein-Neckar Löwen, bei denen er in dieser Saison die klare Nummer eins ist. «Er ist schnell und hat ein gutes Stellungsspiel», nannte Gislason die Stärken des Schlussmannes. 

Der stand schon im Vorjahr im EM-Kader und vor seinem Debüt bei einem großen Turnier. Kurz vor der Endrunde entschied sich Gislason aber für Till Klimpke als Partner des gesetzten Wolff. Als das Duo während der Endrunde nach jeweils positiven Corona-Tests ausfiel, sollte Birlehm eigentlich einspringen, sagte aus persönlichen Gründen aber ab.

Der Hauptgrund dafür: Wenige Tage zuvor war Birlehm erstmals Vater geworden. Und dann war noch die Sache mit einem Vierbeiner. Er habe «etwas Bauchschmerzen nach Bratislava zu kommen, weil ich Charlotte und Mathilda morgen aus dem Krankenhaus hole und mich hier noch um ’nen Hund kümmern muss», zitierte die «Bild»-Zeitung damals aus einer Textnachricht von Birlehm an die Mannschaft.

«Kann sehr viel von Andi lernen»

Der ist jetzt endgültig in der DHB-Auswahl angekommen und will im Zusammenspiel mit Wolff dafür sorgen, dass es im Turnier weit geht. «Wir reden sehr viel miteinander und tauschen uns den ganzen Tag lang aus. Ich kann sehr viel von Andi lernen», sagte Birlehm über das Verhältnis zum Europameister von 2016. 

Ähnliches berichtet Wolff. «Wichtig ist letztlich, dass wir als Gespann auf einer Wellenlänge sind und sowohl sportlich als auch menschlich harmonieren. Da kann ich nichts Schlechtes sagen», berichtete der 31-Jährige und fügte hinzu: «Wir bilden ein Duo, vor dem unsere Gegner sicher Respekt haben.»

Der Bundestrainer, der überraschend Birlehm statt Klimpke als zweiten Torhüter für die WM nominiert hatte, beobachtet das Zusammenspiel des Gespanns mit Freude. «Sie sind sehr unterschiedliche Typen, aber es passt zwischen den beiden», sagte Gislason. Keine schlechten Voraussetzungen für eine erfolgreiche WM.

Von Eric Dobias und Nils Bastek, dpa

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